- Anleihen sind ein wichtiges Element zur Stabilisierung von Anlage-Portfolios.
- Anleger können durch eine geschickte Mischung aus Aktien und Anleihen die risikobereinigte Rendite verbessern.
- Die extrem niedrigen Zinsen machen die Auswahl der richtigen Festverzinslichen jedoch schwer. Wer mit Anleihen Zinserträge erwirtschaften möchte, sollte einen Blick auf Schwellenländer werfen.
Auf den ersten Blick erscheint die Lage paradox: Die Zinsen liegen so niedrig wie noch nie. Und doch kaufen Investoren Festverzinsliche wie verrückt. Wie passt das zusammen? Und können Anleger mit Renten überhaupt noch die Inflation ausgleichen?
Der Reihe nach. Die Zinsen auf den Kreditmärkten sind so niedrig wie nie. Viele Staatsanleihen von Ländern mit hoher Bonität, also geringem Ausfallrisiko, notieren bereits seit einiger Zeit im negativen Bereich. Das heißt: Wer diesen Ländern Geld leiht, bekommt nicht etwa im Gegenzug Zinsen dafür, sondern muss sogar draufzahlen. Und auch immer mehr Unternehmen schaffen es, am Anleihemarkt frisches Kapital einzusammeln und dafür auch noch zusätzliches Geld von den Investoren einzustreichen. Anleger, die solche Anleihen kaufen und bis zum Ende der Laufzeit halten, machen mit Sicherheit Verlust. Und dabei ist die Inflation noch gar nicht berücksichtigt.
Die abrupte Kehrtwende der US-Notenbank Fed macht Anleihen wieder attraktiv. Solange die Zinsen weiter fallen, besteht die Chance auf Kurssteigerungen.
Die drohende Rezession und politische Risiken belasten die Aktienmärkte. Investoren suchen auf den Anleihemärkten nach sicheren Häfen.
Notenbanken machen weiter Druck auf die Zinsen
Für die dennoch hohe Nachfrage nach Anleihen ist vor allem die amerikanische Notenbank Fed verantwortlich. Noch im vergangenen Jahr sah es so aus, als hätten die USA die Phase der Niedrigzinsen beendet und die Wende eingeläutet. Fast alles sprach dafür, dass die Notenbank die Zinsen fortan Schritt für Schritt wieder auf ein höheres Niveau hieven würde. Früher oder später, so das Kalkül, würden sich auch andere Notenbanken wie die Europäische Zentralbank EZB dem Trend anpassen und ihrerseits die Zinsen anheben müssen. Bereits bestehende Bondpositionen, die noch mit einem niedrigeren Zins ausgestattet wurden, hätten in diesem Szenario Kursverluste erlitten. Entsprechend verhalten war die Kaufneigung.
Im Herbst 2019 ist alles plötzlich ganz anders. Angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen Risiken auf den Weltmärkten entschloss sich die Fed Ende Juli zu einer ersten vorsichtigen Zinssenkung, der im September ein weiterer Zinsschritt nach unten folgte. Viele Beobachter gehen davon aus, dass das nicht der letzte war. Die Zentralbank werde „angemessen handeln“, um das Wachstum zu stützen, sagte Fed-Chef Jerome Powell Anfang Oktober.[1]
Für Investoren ist eine solche Nachricht oft ein Anreiz, sich rechtzeitig mit Papieren einzudecken, die noch mit einem höheren Zinssatz versehen sind. Hinzu kommt, dass bereits begebene Anleihen normalerweise im Kurs steigen, wenn der Marktzins fällt. Das gilt selbst für Papiere, die im negativen Bereich rentieren, wie zum Beispiel die meisten deutschen Staatsanleihen.
Für manchen Investor kommt hinzu, dass der lange Boom am Aktienmarkt ins Stocken geraten zu sein scheint. Die Angst vor einer drohenden Rezession, verbunden mit der Sorge vor einer Eskalation der vielen politischen Konflikte, haben den Optimismus vieler Anleger jäh ausgebremst. Statt hohe Verluste zu riskieren, steuern sie in dieser Situation lieber sichere Häfen an. Selbst dann, wenn sie dafür negative Zinsen in Kauf nehmen müssen.
Wie funktionieren Obligationsfonds?
Mit Zinsen Geld verdienen
Doch welche Anleihen sind die richtigen? Klassische Staatsanleihen von Industrieländern wie etwa den USA oder Deutschland bieten zwar ein hohes Maß an Sicherheit. Doch Zinserträge lassen sich damit nicht erwirtschaften. Anleger, die mit ihren Investitionen mindestens die Inflation ausgleichen wollen, müssen sich nach Alternativen umsehen. Möglichkeiten bieten sich vor allem in fernen Ländern sowie bei hochverzinslichen Firmentiteln. Dabei gilt: Je höher die Rendite, desto höher ist auf der anderen Seite auch das Risiko.
Viele Schwellenländer sind besser als ihr Ruf
Viele Schwellenländer, vor allem aus Asien, haben in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung hingelegt und weisen ein robustes Wirtschaftswachstum auf. Auch wenn sich die Aussichten zuletzt eingetrübt haben: Die hohe Risikoanfälligkeit früherer Jahre scheint durch eine Phase langanhaltender Stabilität mit vergleichsweise hohen Wachstumsraten abgelöst worden zu sein. Dennoch liegen die Zinsen für die Kreditaufnahme der Länder noch immer deutlich über denen der großen Industrienationen wie den USA oder Deutschland.
Vor diesem Hintergrund scheinen besonders in Euro denominierte Staatsanleihen aus Schwellenländern einen Blick wert zu sein. Diese Wertpapiere genießen zwar nicht die gleiche Bonität wie etwa Bundesanleihen. Doch mit der Kreditqualität von europäischen Unternehmensanleihen können viele inzwischen mithalten. Zugleich weisen die Anleihen der Schwellenländer immer noch einen Renditeaufschlag gegenüber Emittenten[2] aus Industrienationen mit vergleichbarem Rating auf.
„Mit Anleihen, die in Euro begeben werden, können Anleger das Währungsrisiko umgehen“, erklärt Roland Gabert, Fondsmanager bei der DWS. Zudem verzeichne der Markt für Anleihen in Euro seit ein paar Jahren ein starkes Wachstum, was Investoren eine größere Auswahl biete. „Allein 2019 haben sieben Schwellenländer erstmals auch Anleihen in Euro begeben“ sagt Roland Gabert. „Damit steigen die Möglichkeiten für Anleger, ihre Kreditrisiken zu diversifizieren.“
Anleihen in Hartwährungen mindern das Wechselkursrisiko.
Anleihen in Hartwährungen[3] bevorzugt
Traditionell werden Schwellenländeranleihen allerdings eher in Dollar begeben. Damit ist die Auswahl der verfügbaren Titel deutlich größer. Und auch hier erscheinen die Aussichten vergleichsweise aussichtsreich. Allerdings müssen Anleger bei diesen Papieren Währungsschwankungen mit bedenken. Verliert der Dollar gegenüber dem Euro an Wert, sinkt auch der Wert der Dollar-Anleihen.
Aber auch bei Staatsanleihen ist ein wachsamer Blick von Nöten. So taumelt etwa Argentinien bereits dem neunten Staatsbankrott seiner Geschichte entgegen. Und auch in der Türkei mehren sich die Anzeichen für eine drohende Zahlungsunfähigkeit.