- Die Ausbreitung des Coronavirus hat auch die Anleihemärkte kräftig durcheinandergerüttelt.
- Bei Staatsanleihen ist das Rendite- und Diversifikationspotenzial nach den jüngsten Kurszuwächsen stark zurückgegangen.
- Das könnte dafür sprechen, den Anteil von Unternehmensanleihen auszubauen.
Die globalen Kapitalmärkte standen im ersten Halbjahr 2020 ganz im Bann der Corona-Pandemie. Die Aktienkurse gerieten gewaltig unter Druck, erholten sich dann aber wieder rasant. Selbst Staatsanleihen zeigten sich ungewöhnlich stark bewegt, und auch Kurse und Renditen von Unternehmensanleihen gerieten teils heftig ins Schwanken.
Wie haben sich Unternehmensanleihen aus der Eurozone in den ersten sechs Monaten des Jahres entwickelt? Welche Faktoren beeinflussten Kurse und Renditen? Welche Rolle und welches Gewicht kommen ihnen in einem breit gestreuten Portfolio zu? Das erste Halbjahr in diesem spannenden Teilmarkt im Schnelldurchlauf – und ein kurzer Ausblick.
Phase 1: Die Ruhe vor dem Sturm
Europas Rentenanleger befanden sich zu Beginn des Jahres vielfach auf der Suche nach Rendite: Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ließ geringe Renditen bei Staatsanleihen erwarten. Neben der Notenbank sorgten die Aussicht auf ein moderates Wirtschaftswachstum mit vergleichsweise geringen Ausfallraten sowie die Ankäufe von Unternehmensanleihen durch die EZB in diesem Segment ebenfalls für hohe Kurse und niedrige Renditen. Manche Investoren wichen daher für mehr Performance auf riskantere Bereiche aus und engagierten sich auch bei hochverzinslichen Anleihen von Unternehmen mit schwächerem Rating.
Wertentwicklung 12-Monats-Perioden |
06/15–06/16 |
06/16–06/17 |
06/17–96/18 |
06/18–06/19 |
06/19–06/20 |
iBoxx Euro Corporates |
5,1 % |
0,5 % |
1,2 % |
4,4 % |
–0,4 % |
Dax |
–11,6 |
27,3 |
–0,2 |
0,8 |
–0,7 |
S&P 500 |
4,0 % |
17,9 % |
14,4 % |
10,4 % |
7,5 % |
Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen
Quellen: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH, Stand: 01.07.2020
Phase 2: Der Corona-Schock
Die Situation änderte sich schlagartig mit der rasanten Ausbreitung des Coronavirus in Europa: Jetzt wurde klar, dass eine Pandemie die Welt erfasst hatte und Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung der Wirtschaft schwer schaden würden. Wachstumsprognosen für Länder und Regionen wurden ebenso zurückgenommen wie die Schätzungen für die Gewinnentwicklung der Unternehmen – und damit wichtige Parameter für die Bewertungen an den Aktien- und Rentenmärkten.
Infolge der erhöhten Unsicherheit stürzten die Kurse nicht nur von Aktien, sondern auch von Unternehmensanleihen ab, spiegelbildlich zogen hier die Renditen aufgrund größerer Ausfallrisiken steil an. Die starken Schwankungen ließen den Markt vorübergehend austrocknen: Einen Käufer für eine Anleihe zu finden, war zeitweise so gut wie unmöglich. Besonders in Mitleidenschaft gezogen wurden Anleihen von Unternehmen aus zyklischen Branchen, deren Entwicklung eng an die der Konjunktur geknüpft ist. Insgesamt weiteten sich die Renditeaufschläge für Unternehmenspapiere gegenüber den weniger riskanten Staatsanleihen erheblich aus. Unter den 15 Tagen mit der größten Ausweitung der Renditeaufschläge finden sich 5 allein im März 2020.
Phase 3: Zentralbanken und Regierungen greifen ein
Doch dann nahte Hilfe – nicht nur in Form der langsam Gestalt annehmenden Konjunkturprogramme verschiedener Regierungen und der EU-Kommission: Am 18. März gab die EZB ein Notfall-Ankaufprogramm für Anleihen (Pandemic Emergency Purchase Programme, PEPP) mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro bekannt. Ähnliche Schritte der US-Zentralbank Fed verschafften den globalen Anleihemärkten die dringend nötige Liquidität und sorgten letztlich für eine Trendwende im zweiten Quartal.
Wertentwicklung 12-Monats-Perioden |
06/15–06/16 |
06/16–06/17 |
06/17–96/18 |
06/18–06/19 |
06/19–06/20 |
iBoxx Euro Corporates |
5,1 % |
0,5 % |
1,2 % |
4,4 % |
–0,4 % |
5-jährige Staatsanleihen Deutschland |
3,4 % |
–1,2 % |
1,2 % |
2,1 % |
–0,5 % |
Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung.
Vergleich beinhaltet Anlagen mit unterschiedlichen Risikoprofilen.
Stand: Ende Juni 2020; Quelle: Thomson Reuters Datastream, in lokaler Währung
Phase 4: Versöhnlicher Halbjahresabschluss
Im April 2020 brachten Unternehmen aus der Eurozone Papiere im Rekordvolumen von insgesamt 66 Milliarden Euro auf den Markt, um ihre Liquidität zu stärken. Auf der anderen Seite litt die Bonität vieler Firmen so sehr, dass die Ratingagentur S&P bis zum 4. Juni coronabedingt ihre Einschätzung für mehr als 1800 Unternehmen weltweit gesenkt hatte. Zwar waren davon vor allem US-Firmen betroffen, doch auch bei Papieren in Euro fielen bis Mitte vergangenen Monats rund drei Prozent des ausstehenden Anleihevolumens aus dem Investment-Grade-Bereich heraus.
Dennoch legte der Markt für Unternehmensanleihen Ende des zweiten Quartals weiter zu. Der Optimismus, dass der Corona-Lockdown besser überstanden werden könnte als ursprünglich befürchtet, verbreitete sich zunächst an den Aktien- und dann auch an den Rentenmärkten. Dort sorgte erneut die EZB für einen Schub, als sie ihr „PEPP“-Anleihekaufprogramm Anfang Juni nochmals um 600 Milliarden auf 1,35 Billionen Euro ausweitete. Und so zeigt der Index iBoxx Euro Corporates, der den Markt für Unternehmensanleihen in Euro mit Investment Grade abbildet, für dieses Segment am 30. Juni eine negative Performance von lediglich 0,5 Prozent im ersten Halbjahr 2020 — ein versöhnlicher Abschluss von sechs aufregenden Monaten.
Perspektiven für Euro-Unternehmensanleihen
Wie geht es nun weiter mit Euro-Unternehmensanleihen? Vieles hängt sicherlich an der Entwicklung der Pandemie. Derzeit erwarten Analysten, dass die Wirtschaft in der Eurozone bereits im dritten Quartal wieder wächst. Das nährt die Hoffnung, dass das Risiko von Unternehmenspleiten zumindest nicht steigt. Eine wichtige Rolle fällt in dem Zusammenhang auch der Europäischen Zentralbank zu, die klargemacht hat, dass sie ihren lockeren geldpolitischen Kurs fortsetzen wird. Somit dürften die Renditen von Staatsanleihen aus dem Euroraum niedrig bleiben und sich Unternehmenspapiere als rentierlichere Alternative anbieten.
Welche Unsicherheiten bleiben
Doch Risiken bleiben, vor allem eine zweite COVID-19-Welle könnte den Unternehmensanleihen zusetzen, also zu Renditeanstiegen und damit zu Kursverlusten führen. Zudem gibt es noch keine Einigkeit über den europäischen Wiederaufbaufonds oder die Ausgestaltung des Brexits. Entscheidend dürften daher die Maßnahmen sein, mit denen die Europäische Zentralbank und andere Notenbanken den Markt stützen. Auf diese setzen Anleger offenbar: Die Kapitalzuflüsse in Unternehmensanleihen guter Bonität haben per Anfang Juli schon fast wieder das Vorjahresniveau erreicht. Das hat gute Gründe. Zwar haben die Entwicklungen der letzten Monate gezeigt, dass die Kurse von Unternehmensanleihen stärker schwanken können als die von Staatsanleihen – dieses Risiko wird Anlegern jedoch mit höheren Renditen vergolten.
Die Auswahl der richtigen Anleihen, das richtige Timing, das alles erfordert umfassende Kenntnisse und Erfahrungen. Daher spricht viel dafür, die Analyse und die konkreten Anlageentscheidungen einem professionellen, aktiven Fondsmanagement zu überlassen, das sich ausschließlich auf diese Anlageklasse konzentriert. Denn auch wenn die Aussichten gut erscheinen – die Risiken von Kursverlusten bis hin zum Totalausfall von Anleihen, wenn ein Schuldner seine Anleihen nicht mehr zurückzahlen kann, gehören auch bei Anleihen guter Bonität immer mit auf die Rechnung.