19. Mai 2021 Zinsanlagen

Anleihen im Portfolio: Inflation und Geldpolitik geben den Takt vor

In den vergangenen Monaten ist es zu einem Zinsanstieg am Anleihemarkt gekommen. Aktiv gemanagte Fondsstrategien dürften sich gegenüber Einzelanlagen jedoch weiterhin lohnen.

  • Seit Anfang des Jahres haben anziehende Inflationsraten für einen merklichen Zinsanstieg am Anleihemarkt gesorgt.
  • Das hat Spekulationen über ein Ende der expansiven Geldpolitik der Notenbanken lauter werden lassen.
  • Ein abrupter Abbruch der geldpolitischen Stützung erscheint aber unwahrscheinlich – sie dürfte nur graduell zurückgefahren werden.
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„Kaufen Sie Anleihen, nehmen Sie keine Schlaftabletten und behalten Sie die Papiere im Blick.“ So könnte ein bekannter Ratschlag des Börsengurus André Kostolany umformuliert werden, um die aktuelle Investmentsituation bei festverzinslichen Anlagen zu beschreiben.Kostolany von 1906-1999

Nur kaufen und halten reicht bei vielen Anleihen derzeit nicht – vor allem bei sicheren Staatsanleihen.

Im Original empfahl Kostolany für einen guten Renditeerfolg bei Aktien, die Papiere zu kaufen, sich auf’s Ohr zu legen, und die Titel auch durch turbulente Börsenphasen hindurch lange zu halten. Aber ist der Rat auch übertragbar auf Anleihen? „Im aktuellen Niedrigzinsumfeld sollte man die Empfehlung auf viele Anleihesegmente nicht anwenden“, sagt Oliver Eichmann, Fondsmanager des DWS Eurozone Bonds Flexible. Hier sei das Kaufen und Halten bis zum Laufzeitende zuletzt oft ein Minusgeschäft gewesen – insbesondere bei als sicher geltenden Staatsanleihen aus Industrienationen wie den USA und Deutschland. Aufgehen konnte das Konzept allenfalls bei Papieren mit höherem Ausfallrisiko – etwa bei Staatspapieren, die von Schwellenländern begeben wurden oder bei hochverzinsten Unternehmensanleihen.

Nun haben in den vergangenen Wochen anziehende Marktrenditen als Folge wieder steigender Inflationsraten[1] Bewegung in den Markt gebracht. In den USA sind mit der realen Teuerung der Verbraucherpreise auch die Zinsen bei Rentenpapieren wieder merklich gestiegen – und Anleger fragen sich, wie nachhaltig diese Entwicklung sein wird.

Die aktuelle Notenbankpolitik gibt den Takt am Rentenmarkt an

Alle Augen sind dabei auf die Notenbanken gerichtet, deren Geldpolitik die allgemeine Zinsentwicklung beeinflusst. In den vergangenen Jahren waren geldpolitische Maßnahmen auf die Versorgung des Unternehmenssektors mit Liquidität durch niedrige Zinsen und Anleihenkäufe konzentriert – nach Ausbruch der Coronapandemie sogar noch intensiver. Niedrige Leitzinsen ermöglichen es Herausgebern von Anleihen, sich Kapital zu günstigen Konditionen zu beschaffen und vermehrte Anleihekaufprogramme der Notenbanken erhöhen die Nachfrage im Markt, was die Anleihekurse stützt. „Steigende Anleihekurse bedeuten fallende künftige Renditen“, erläutert Oliver Eichmann und fügt hinzu: „Eine Kaufen-und-Halten-Strategie ist derzeit bei vielen Titeln mit geringem Zahlungsausfallrisiko für Anleger vergleichsweise unattraktiv.“

Die Notenbanken müssen abwägen, wann sie vom Gas gehen, um die Inflation einzubremsen.

Dass die Inflation dies- und jenseits des Atlantiks zuletzt angezogen und sich die Wirtschaft zugleich auf den Erholungspfad begeben hat, nährte Spekulationen über ein baldiges Ende der expansiven Geldpolitik.  Notenbanken müssen in der aktuellen wirtschaftlichen Gemengelage tatsächlich wieder stärker abwägen, ob und wann sie den Hebel von „Wirtschaft ankurbeln“ auf „Inflation bremsen“ umlegen.

Zwar erwarten die Experten der DWS, dass die Inflationsraten in den nächsten Monaten relativ hoch ausfallen werden. Da sie jedoch vor allem als Folge, der nach dem tiefen Pandemiecrash belebten Realwirtschaft gesehen werden, dürfte es sich eher um einen vorrübergehenden Anstieg handeln. Auf zwei bis drei Jahren gesehen, sollte die Teuerung deshalb wieder moderater ausfallen, da die Wirtschaft noch nicht an ihrer Kapazitätsgrenze läuft und durch die erhöhte Arbeitslosigkeit auch die Konsumnachfrage gedämpft ist. „Unter dem Strich rechnen wir also damit, dass die Notenbanken ihre geldpolitischen Hilfen nur graduell und sehr vorsichtig zurückfahren und damit den aktuellen Zinsanstieg dämpfen werden“, sagt Oliver Eichmann.

Aktives Management kann eine positive Realrendite bei Anleihen erzielen

Für Anleger dürfte der Anleihemarkt damit nach wie vor eine Herausforderung bleiben – zumal auch ein Blick in die USA zeigt, dass die festverzinslichen Renditen zuletzt nicht mehr im selben Maße gestiegen sind wie die Teuerungsrate. Investoren, die mit Zinsanlagen auch nach Abzug der Inflation noch ein reales Plus erzielen möchten, müssten also in riskantere und damit höher verzinste Anleihen wie Firmenbonds investieren.

Wer auf Anleihen nicht verzichten und dennoch ruhig schlafen möchte, für den könnten aktiv gemanagte Fonds gegenüber einer Einzelanlage – etwa mit hohem Ausfallrisiko – eine gute Wahl sein. Die Risikostreuung ist ein Vorteil von Anleihefonds. „Als Fondsmanager kann ich schnell auf neue Marktereignisse reagieren und Anleihelaufzeiten kontinuierlich anpassen“, sagt DWS-Experte Eichmann. Die aktive Titelselektion bietet ihm so die Möglichkeit, Kurschancen zu nutzen und insgesamt höhere Renditen zu erzielen.

Die Zentralbanken dürften ihre expansive Geldpolitik trotz Teuerungsanstiegs nur sehr langsam zurückfahren.

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DWS International GmbH 2021. Stand: 05.2021

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