- Nachhaltig errichtete Immobilien sind ein globaler Trend.
- Architekten wie Vincent Callebaut zeigen, wie deren Zukunft aussehen könnte.
- Immobilienanleger sollten diese Entwicklung im Blick haben.
20 % des weltweiten CO2-Ausstoßes stammt aus nur 100 Städten.
„Tenkū no Shiro Rapyuta“ – das antwortet der belgische Architekt Vincent Callebaut auf die Frage, was ihn zu Teilen seiner Arbeit inspiriert hat.[1] „Tenkū no Shiro Rapyuta“ ist ein japanischer Animationsfilm, der das Verhältnis von Mensch, Natur und Technik thematisiert und historische und futuristische Darstellungen kombiniert. Auch Callebaut verbindet Dinge, die auf den ersten Blick so gar nicht zusammenpassen. Das hat ihm viele Preise und noch mehr Aufmerksamkeit eingebracht. Unter anderem, weil seine Entwürfe zeigen, wie gut Nachhaltigkeit zu Immobilien passt.
Mit kurzem Vollbart, runder Brille und Sakko wirkt er ein bisschen wie ein Lehrer. Aber wie einer von der Sorte, bei dem auch die binomischen Formeln oder lateinische Grammatik Spaß machen. Oder eben der Schutz der Umwelt. Callebauts Vorbild ist die Natur. Kein Wunder also, wenn er oft als „Archibiotekt“ bezeichnet wird.[2] Jemand, der Architektur, Ingenieurskunst und eben auch Biologie zu einer Einheit zusammenführt. Damit ist er so etwas wie der „Frontman“ der nachhaltigen Architektur, ein gern gesehener Sprecher auf Konferenzen. Ein bisschen wie U2-Sänger Bono, der seit Jahren mehr Nachhaltigkeit fordert.
Träumer oder Visionär?
Er träumt, sagte Callebaut einmal, von einer Stadt, die auf drei Säulen ruht.[3] Die erste Säule: dezentrale Energieversorgung. Sie lässt sich bereits heute umsetzen, wie die Plusenergiehäuser zeigen – Gebäude also, die keine Energie benötigen, sondern sie erzeugen. Diese Energie ließe sich in die benachbarten Gebäude leiten, so Callebaut. Die zweite Säule: Urban Farming, die Kombination von Bauen und Anbauen, die Fortentwicklung des Gemüsegartens auf dem Balkon. Säule Nummer drei sind die kurzen Wege, weg vom Auto. Das bedeutet auch, dass eine Immobilie ganz unterschiedlichen Zwecken dienen sollte. Nicht: Wohnen hier, Arbeiten dort. Sondern: Wohnen und arbeiten an einem Platz – und einkaufen nur 50 Meter weiter. So kann das Auto viel öfter stehen bleiben und CO2 gespart werden. Callebaut meint: „Wir müssen den Geist der Dörfer wiederentdecken.“[3]
Vision trifft Realität
Tatsächlich fand so manche seiner Ideen schon ihren Weg in die Realität. In Taipeh beispielsweise steht mit dem Agora Garden ein von Callebaut entworfenes Hochhaus, auf dem rund 23.000 Bäume und Büsche wachsen.[4] Platz für den eigenen Bio-Garten gibt es auch. Die Ideen gehen dem belgischen Nachhaltigkeitsvisionär nicht aus.
Das zeigt auch das Beispiel Paris. Die bei einem Brand beschädigte Kathedrale von Notre-Dame soll kurzerhand ein gläsernes Dach bekommen, Dachgarten inklusive – zumindest, wenn es nach Callebaut geht. Dort können laut Plan bis zu 21 Tonnen Obst und Gemüse im Jahr geerntet werden.[5] Und dann ist da noch sein Vorschlag, Frankreichs Hauptstadt architektonisch komplett umzukrempeln. 2015 stellte er ein entsprechendes Konzept vor: Bis 2050 will Callebaut dort eine Reihe nachhaltiger Gebäude, etwa Antismog- und Photosynthese-Hochhaustürme, organisch ins klassische Stadtbild einfügen. Um unter anderem die Luft zu reinigen und das Umfeld mit Energie und Kühle zu versorgen.[6] Was sich in den Gebäuden befinden soll? Eine bunte Mischung aus Wohnungen, Hotels und Büros.
Nachhaltiges Bauen lohnt
Längst ist umweltbewusstes Bauen ein Trend. Beispiel Eigenheim: Die Mehrheit der Deutschen legt Wert auf nachhaltige Bauweise.[7] Im Kleinen sind das etwa gut gedämmte Fenster oder wassersparende Armaturen. Und im Großen? Sind es Hochhäuser oder gleich ganze Stadtteile wie aus der Feder Callebauts. Warum? Die Weltbevölkerung wächst, immer mehr Menschen werden in Städten leben – und die Belastung der Umwelt steigt dadurch dramatisch.[8] So hat das Thema Nachhaltigkeit weltweit „grüne Welle“. In Hamburg etwa fördert der Senat die Begrünung von Dächern und denkt nun über verstärkten Fassadenbewuchs nach, um das Mikroklima zu verbessern.[9] In Abu Dhabi soll mit Masdar City bis 2025 gleich eine komplette nachhaltige Stadt aus dem Wüstensand gestampft werden.[10]
Nachhaltigkeit ist längst nicht nur eine Überzeugungssache, sondern auch eine Frage unternehmerischen Kalküls. Das zeigt eine Umfrage unter Immobilieninvestoren.[11] 93 Prozent der Befragten erklären, bei ihren Anlageentscheidungen Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen. Einer der Gründe: Die Maßgaben des Gesetzgebers dürften strenger werden. Nachhaltige Gebäude, die die Vorgaben problemlos erfüllen, gelten damit als zukunftssicherer als konventionelle Gebäude.[12] Darum wird bei den Immobilienfonds der DWS die Nachhaltigkeit von Immobilien seit Langem ebenso genau geprüft wie herkömmliche Kennzahlen.[13] Anleger können also komfortabel von einem globalen Trend profitieren. Ohne dazu japanische Animationsfilme wie „Tenkū no Shiro Rapyuta“ schauen zu müssen.