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- Rutschgefahr an der Börse? Wie der Ölpreis die Aktienmärkte beeinflusst
- Öl ist und bleibt das Schmiermittel der globalen Wirtschaft. Der Ölpreis hat erheblichen Einfluss auf die Konjunktur.
- Neben dem absoluten Preisniveau ist die Veränderungsrate der Preise entscheidend. Kurzfristige starke Schwankungen der Ölnotierungen können auch auf den Aktienmarkt übergreifen.
- Ein höherer Ölpreis muss per se aber nicht schlecht für Aktien sein, ein niedriger nicht unbedingt gut.
5 Minuten Lesezeit
Der Schock saß tief: Nach der Attacke auf die weltgrößte Ölverarbeitungsanlage in Saudi-Arabien machte sich Mitte September an den Märkten die Sorge breit, dass der Ölnachschub aus der Golfregion für längere Zeit stocken könnte. Schlimmer noch: Würden sich die Spannungen zu einem handfesten Krieg ausweiten, könnten die Lieferungen aus dem Nahen Osten – einem der wichtigsten Fördergebiete weltweit – ganz versiegen. Kein Wunder, dass die Notierungen für das schwarze Gold in einer ersten Reaktion um zeitweise fast 20 Prozent nach oben schossen. Es war der heftigste Ölpreisanstieg seit dem Golfkrieg Anfang der 1990er-Jahre.
Höhere Ölpreise belasten die Konjunktur
Die Verunsicherung am Ölmarkt ließ die Aktienmärkte nicht kalt und setzte dort die Kurse vorübergehend unter Druck. Die Befürchtungen der Anleger: Die deutlich anziehenden Ölpreise könnten die Konjunktur belasten und die Geschäftsaussichten in vielen Branchen eintrüben.
Dazu muss man sich nur vor Augen führen, dass trotz des Vormarsches erneuerbarer Energien die Wirtschaft noch immer in hohem Ausmaß vom Energieträger Öl abhängig ist.
Ganz offensichtlich ist der Einfluss auf den Energie- und Transportsektor. Während Ölgesellschaften und ihre Zulieferer – zum Beispiel die Hersteller von Förderanlagen – von steigenden Ölpreisen profitieren, setzen höhere Treibstoffkosten die Gewinne von Spediteuren oder Fluggesellschaften unter Druck.
Den Verbrauchern wiederum fehlt das Geld, das sie zusätzlich für Benzin und Heizöl bzw. Erdgas (das an den Heizölpreis gekoppelt ist) bezahlen müssen, an anderer Stelle.
Das wiederum bekommen die Hersteller zyklischer (also nicht lebensnotwendiger) Konsumgüter wie die Autoindustrie oder Bekleidungshersteller zu spüren, die dann ihrerseits ihre Geschäftsplanungen anpassen müssen. So arbeiten sich die höheren Ölpreise nach und nach durch die verschiedenen Branchen. Insgesamt ist allerdings davon auszugehen, dass die direkten Ölpreiseffekte seit den 1970er-Jahren geringer geworden sind.[1]
Notenbanken könnten bremsen
Nicht vergessen werden dürfen aber die indirekten Auswirkungen auf Wirtschaft und Aktienmärkte. Weil das teurere Öl mit Zeitverzögerung auf die Inflation durchschlägt, könnten sich die Notenbanken gezwungen sehen, ihre derzeit sehr lockere Geldpolitik zu straffen. Schon die Aussichten auf steigende Zinsen sind jedoch in der Regel Gift für die Aktienmärkte.
Soweit die Theorie. In der Realität zeigt sich allerdings, dass es mit der eindeutigen Beziehung zwischen Ölpreis und Aktienkursen nicht allzu weit her ist. So gab es in der Vergangenheit immer wieder Phasen, in denen beide Märkte in die gleiche Richtung liefen. Zum Beispiel im Jahr 2010, als sich Öl um rund 20 Prozent verteuerte und die Aktienkurse global dennoch um knapp zehn Prozent zulegten. Der Ölpreis ist eben nur ein Faktor von vielen, der die Börsenkurse beeinflusst. Die Vergangenheit zeigt: Wenn ansonsten die Rahmenbedingungen stimmen, bringen steigende Notierungen des schwarzen Goldes die Anleger nicht aus der Ruhe.
Für den umgekehrten Fall – sowohl Öl als auch Aktien tendieren schwach – lieferte der Herbst 2018 ein eindrucksvolles Beispiel. Damals interpretierten die Börsianer die Entwicklung des Ölpreises als Indikator für eine sich merklich abschwächende Konjunktur und in der Folge eine negative Gewinnentwicklung bei den Unternehmen. Selbst der erwartete Konjunkturimpuls, der aus niedrigen Ölpreisen resultiert, konnte damals keinen Stimmungsumschwung an der Börse hervorrufen.
Möglichkeiten zur Anpassung
Ein allgemeingültiger Zusammenhang zwischen Ölpreisen und Aktienkursen scheint nicht zu existieren. Entscheidend neben dem absoluten Niveau ist immer auch, wie rasch sich die Preise am Ölmarkt verändern. Dabei gilt: Je langsamer, desto besser. Denn so haben Unternehmen und Verbraucher ausreichend Zeit, um sich an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Anleger sollten jedenfalls nicht davon ausgehen, dass ein höherer Ölpreis per se schlecht für die Aktienmärkte ist und sich nicht von Panikstimmungen am Ölmarkt anstecken lassen.