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- Reine Nervensache – mit ruhiger Hand und kühlem Kopf durch die Krise
- Kurzfristig dürfte die Coronakrise die Aktienmärkte weiter fest im Griff haben. Anleger müssen sich weiterhin auf größere Schwankungen einstellen.
- Die Vergangenheit hat indes gezeigt, dass derartige Ereignisse langfristig orientierten Investoren interessante Chancen bieten.
- Statt sich von Ängsten leiten zu lassen, sollten Anleger an ihrer strategischen Ausrichtung und einem gut diversifizierten Depot festhalten.
3 Minuten Lesezeit
Dieses Mal ist alles anders! Corona ist die schlimmste aller Krisen! Solche Sätze flüstern sich manche Investoren an düsteren Börsentagen selbst ein. Und angesichts der heftigen Turbulenzen gehen dabei nicht selten nüchterne und bewährte Anlagegrundsätze über Bord. Im verzweifelten Versuch, die Lage unter Kontrolle zu bringen, werden Depots hektisch umgeschichtet.
Es sind oft folgenschwere und teuer bezahlte Entscheidungen. Denn die Psychologie gibt Anlegern in solchen Ausnahmesituationen meistens das falsche Signal. Oft wird etwa in der Nähe des Tiefpunkts verkauft, was die Kursverluste zementiert. Steilen Talfahrten folgen jedoch oft steile Aufschwünge. Wer ausgestiegen ist, ist dann nicht mit dabei.
Dabeibleiben erhöht die Renditechancen
Die meisten Anleger tun sich außerdem nach dem überhasteten Ausstieg mit einem taktisch klugen Wiedereinstieg schwer. Einer Studie zufolge[1] hat der deutsche Aktienindex Dax seit seiner Auflage Anfang 1988 bis Ende 2018 im Durchschnitt einen Wertzuwachs von 7,2 Prozent pro Jahr erzielt. Wer hingegen in diesen drei Jahrzehnten auch nur die zehn besten Handelstage versäumte, musste sich mit einer Rendite von lediglich 4,3 Prozent zufrieden geben – Aussteigen kann ganz schön Ertrag kosten.
Wertentwicklung des Dax in den vergangenen fünf Jahren (12-Monats-Perioden)
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03/19 – 03/20 |
03/18 – 03/19 |
03/17 – 03/18 |
03/16 – 03/17 |
03/15 – 03/16 |
Dax |
–13,8 % |
–4,7 % |
–1,8 % |
23,6 % |
–16,7 % |
Der Corona-Ausverkauf an den US-Börsen fand in der Rekordzeit von nur 15 Tagen statt.
Die Coronakrise setzt die Anlegerpsyche einer ganz besonderen Belastung aus. Die Gefahr, wegen der Pandemie-Erschütterungen an den Märkten hektisch auszusteigen, ist damit sehr hoch. Schließlich war es ein noch nie da gewesenes Tempo, mit dem die Kurse ins Trudeln gerieten. Ausgehend von seinem Höchststand vom 19. Februar hat es gerade einmal 15 Tage gedauert, bis der US-Leitindex S&P 500 in die Phase eines Bärenmarkts abgestürzt war – definiert als ein Kursverlust von mindestens 20 Prozent. Der Dax schaffte es sogar in noch kürzerer Zeit. Normalerweise vollziehen sich solch dramatische Wertkorrekturen über ein bis zwei Monate oder sogar noch einen längeren Zeitraum hinweg.
Wertentwicklung des S&P 500 in den vergangenen fünf Jahren (12-Monats-Perioden)
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03/19 – 03/20 |
03/18 – 03/19 |
03/17 – 03/18 |
03/16 – 03/17 |
03/15 – 03/16 |
S&P 500 |
–7,0 % |
9,5 % |
14,0 % |
17,2 % |
1,8 % |
Das Problem in solchen Ausverkaufsphasen ist, dass sich Kursbewegungen nicht mehr mit fundamentalen Daten begründen lassen. Viele Anleger sind dann bereit, blind um fast jeden Preis zu verkaufen. Und solche Phasen können durchaus länger anhalten. Untersuchungen in den USA belegen, dass die Korrekturphasen in den 25 Bärenmärkten seit 1929 im Durchschnitt 85 Tage andauerten.[2]
„Du machst den Großteil der Rendite in einem Bärenmarkt, nur merkst du es nicht sofort.“
US-Investor Shelby Cullom Davis
Forscher rechnen mit heftigem Wirtschaftsabschwung
Unbestritten ist, dass die Corona-Pandemie innerhalb kürzester Zeit auch die wirtschaftlichen Aussichten der Unternehmen verändert hat. In ihrem Frühjahrsgutachten erwarten die fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute für Deutschland, dass die Wirtschaftsleistung gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) allein im zweiten Quartal um 9,8 Prozent einbrechen dürfte. Das wäre der stärkste Rückgang innerhalb von drei Monaten seit 1970 und mehr als das Doppelte des ärgsten Quartalsverlusts während der Weltfinanzkrise 2009. Im Gesamtjahr 2020 soll das BIP demnach um 4,2 Prozent absacken.
Auf der anderen Seite besteht Grund zur Hoffnung: Rund um den Globus stemmen sich Regierungen und Notenbanken mit milliardenschweren Programmen so vehement wie kaum zuvor gegen die Rezession. Unter diesen Voraussetzungen besteht die realistische Möglichkeit, dass sich die Wirtschaft in Form des Buchstabens ‚V‘ erholt – wie schon 2009 nach der Finanzkrise. Auf einen steilen Absturz würde dann der steile Aufschwung der Wirtschaftsleistung folgen.
Die deutschen Forschungsinstitute wollen für 2021 ein derartiges Szenario nicht ausschließen und stellen für das kommende Jahr einen BIP-Zuwachs von 5,8 Prozent in Aussicht. Die Ertragsaussichten wären dann aus der Perspektive der Investoren rasch wiederhergestellt. Allerdings könnte es auch anders kommen, warnen die Forscher – etwa wenn die Pandemie nur langsam eingedämmt wird oder gar wieder aufflammt, und die Wirtschaft wegen immer wiederkehrender Quarantänemaßnahmen nur schleppend wieder anspringen kann.
So schnell wie im Zuge der Corona-Pandemie sind die Kurse noch nie um mehr als 20 Prozent gefallen. Selbst während der Finanzkrise 2008/09 oder des legendären Crash von 1987 lag die Spanne zwischen 22 und 38 Handelstagen. Die große Ausnahme ist das Platzen der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende, die sich nur äußerst langsam zu einer Börsenbaisse ausweitete.
Chinas Aktienmarkterholung lässt hoffen
Wie eine Erholung an den Finanzmärkten nach der Krise aussehen könnte, zeigt sich bereits eindrucksvoll in China, wo das Virus seinen Ursprung nahm und bis vor Kurzem weite Teile des Landes lahmgelegt hat. Inzwischen scheint dort der Corona-Ausbruch unter Kontrolle. Menschen und Unternehmen beginnen wieder, in ihr reguläres Leben zurückzukehren. Damit hat sich auch der Aktienmarkt gefangen. Die Börse in Shanghai notiert zwar tiefer als zu Jahresbeginn. Doch im Vergleich zu anderen Aktienmärkten nimmt sich das Minus mit 7,8 Prozent (Stand: 15.04.2020) eher moderat aus.
Einmal mehr zeigt sich also: Auch In der aktuellen Corona-Börsenkrise ist nicht alles plötzlich anders. Sie folgt den Gesetzmäßigkeiten, die man von anderen Börsenbeben kennt. Zu ihnen gehört, dass ein gut strukturiertes Depot mit breiter Diversifikation über die Zeit noch jedes Mal die Verluste wieder wettgemacht hat. Anleger sollten sich den Satz von US-Investor Shelby Cullom Davis vergegenwärtigen, der sagte: „Du machst den Großteil der Rendite in einem Bärenmarkt, nur merkst du es nicht sofort.“ Zugegeben, das kostet Nervenkraft, braucht Disziplin und die nötigen liquiden Mittel. Aber es könnte mit überdurchschnittlichen Gewinnen belohnt werden.