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- Nachhaltig investieren: „eine Win-Win-Win-Situation“
- Nachhaltiges Investieren wird immer populärer.
- Spezielle Fonds nutzen ihren Einfluss, damit Unternehmen nachhaltiger wirtschaften.
- Anleger können mit diesem Ansatz ungewollte Risiken verringern.
5 Minuten Lesezeit
Zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch, Ihr Fonds DWS SDG Global Equities ist gerade ein Jahr alt geworden – und passt mit seiner Ausrichtung genau in die aktuelle gesellschaftliche Diskussion über Nachhaltigkeit. Ihre Zwischenbilanz?
Das Timing war echt gut, oder? Aber Spaß beiseite: Das Interesse an Umweltthemen und Nachhaltigkeit ist enorm gestiegen. Das liegt zum einen am Gesetzgeber, der Druck in diese Richtung macht. Zum Beispiel will die Europäische Union 2050 klimaneutral sein. Aber auch der Verbraucher schaut inzwischen ganz anders hin als früher. Er fragt, unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt werden, und entscheidet sich gegebenenfalls dagegen. Und dann sind da die sozialen Medien: Das Bild eines Strands voller Plastikmüll ist heute dank Instagram & Co. schnell weltbekannt. Von dieser gesellschaftlichen Diskussion können und wollen sich Investoren gar nicht lösen.
Nachhaltigkeitsfonds gibt es viele. Wo macht Ihr DWS SDG Global Equities den Unterschied?
Mit der umfassenden Analyse. Wir nutzen dafür den ESG-Ansatz – und schauen da auf die ESG-Faktoren. ESG steht für Environment, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Darüber hinaus fragen wir nach, welche Unternehmen einen Beitrag zu mindestens einem der SDGs leisten. Diese Abkürzung steht für Sustainable Development Goals. Das sind die langfristigen Nachhaltigkeitsziele, die die Vereinten Nationen beschlossen haben. Ein Beispiel dafür ist das Klimaschutzziel.
Und das heißt konkret?
Stellen Sie sich einen Filter vor: Zunächst einmal prüfen wir, ob ein Unternehmen bestimmte ESG-Standards einhält. In der zweiten Stufe fragen wir konkret, was ein Unternehmen macht – ob es tatsächlich Umsatz im Sinne von mindestens einem jener UN-Nachhaltigkeitsziele erwirtschaftet. So eine tiefe Analyse machen viele andere Nachhaltigkeitsfonds nicht. Für uns gilt damit: SDG ist der Kern des nachhaltigen Investierens.
Die UN hat gleich 17 dieser Nachhaltigkeitsziele formuliert – lassen sich diese alle ohne Weiteres in ein Portfolio übersetzen?
Nein, derzeit sind es nur acht, die sich problemlos umsetzen lassen. „Klimaschutz“ ist sicherlich das Ziel, das am einfachsten in einem Portfolio darstellbar ist. Ähnliches gilt für die Themen „Gesundheit“ und „Schutz des Wassers“. Letzteres kann man etwa mit den Aktien von bestimmten Versorger-Unternehmen realisieren, aber auch mit Wertpapieren von Firmen, die die Kanalisation sanieren und damit dafür sorgen, dass weniger Wasser versickert.
Wie stöbern Sie wirklich nachhaltig wirtschaftende Unternehmen auf?
Mit den zwei Filtern, über die wir sprachen. Für beide Filterstufen nutzen wir die Expertise externer und spezialisierter Datenlieferanten. Für die erste Stufe sind es sechs Anbieter, für die zweite Stufe derzeit nur einer. Aber auch da wollen wir zukünftig auf weitere Dienstleister zurückgreifen können. Denn so bekommen wir eine Consensus-Einschätzung, also ein einheitliches Urteil von Nachhaltigkeitsexperten.
Sind Sie persönlich auch nachhaltig unterwegs?
Sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Ich stamme aus Berlin und fahre daher immer wieder von Frankfurt in meine Heimatstadt. Dazu nehme ich auch mal das Auto. Das klingt vielleicht zunächst mal nicht so nachhaltig. Aber ich nehme Mitfahrer mit. Das ist gut für die Umwelt, weil das Auto voll besetzt ist. Und das ist gut für meine Mitfahrer, die günstig von Frankfurt nach Berlin kommen. Auch ich profitiere, weil ich meine Kosten senke. Eine Win-win-win-Situation, so wie bei der nachhaltigen Geldanlage: Davon profitieren die Umwelt, das Unternehmen und der Anleger.
„Kinderarbeit? Ein No-Go!“
Aber es gibt doch immer wieder Fälle, in denen nachhaltige Investoren Geld in Unternehmen stecken, die etwa der Umwelt schaden.
Das stimmt. Aber das Risiko ist mit unserem Vorgehen deutlich niedriger, als wenn man gar nicht auf die Nachhaltigkeit schaut. Beispiel Reputationsrisiken: Wenn in der Zeitung oder im Netz steht, dass ein Unternehmen einen Stausee verseucht hat, ist das schlecht. Nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für den Anleger. Denn so ein Vorkommnis kann den Aktienkurs deutlich unter Druck bringen.
Ein Beispiel: Ein Hersteller von Sonnenkollektoren dürfte ja der Paradefall für ein nachhaltiges Unternehmen sein. Was, wenn er aber seine Mitarbeiter schlecht behandelt – können Sie dessen Aktien ins Portfolio nehmen?
Denken Sie daran – unsere erste Filterstufe sorgt dafür, dass Unternehmen auf bestimmte Standards abgeklopft werden. Das hält jeder Fondsanbieter anders. Aktuell haben wir kein Unternehmen im Portfolio, das in kontroversen Sektoren investiert ist. Wir schließen zum Beispiel Aktien von Unternehmen aus, die mehr als fünf Prozent ihrer Umsätze mit Tabak erzielen. Dabei ist ganz egal, ob sie zum Beispiel darüber hinaus Kartoffeln anbauen. Wenn in Ihrem Beispiel ein Solarunternehmen also nicht nachhaltig arbeitet, bleibt es in diesem ESG-Filter hängen. Tatsächlich kommen solche Fragen in der Praxis immer wieder vor. Dazu zwei denkbare Beispiele: Ein großes Pharmaunternehmen hat tolle Produkte. Aber dann kommt ein Bestechungsverdacht auf. Wir können dessen Aktien also nicht kaufen. Das Gleiche würde für einen chinesischen Batteriehersteller gelten, der das für die Produktion nötige Kobalt aus dem Kongo bezieht, wo es immer wieder zu Kinderarbeit kommt. Ein No-Go! Sie sehen, auch die Lieferkette ist entscheidend. Deswegen ist es für uns so wichtig, mit externen spezialisierten Dienstleistern zusammenzuarbeiten, die da ganz genau hinsehen.
Kommt bei Ihrem Ansatz am Ende nicht eine Sammlung von Unternehmen heraus, die sich kaum voneinander unterscheiden?
Nein. Zwar werden in der ersten Filterstufe rund 25 Prozent der Unternehmen aussortiert und die verbliebenen noch nach ihrer Nachhaltigkeitsqualität eingeordnet. Das nennt sich „Best in Class“. Doch das Anlageuniversum ist auch am Ende des Prüfprozesses groß genug: Im Schnitt identifizieren wir rund 650 Aktien als SDG-Champions. Das sind Unternehmen, die gemessen an ihrem Umsatz tatsächlich einen Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele leisten. Und diese stammen aus unterschiedlichen Sektoren, Branchen und Regionen. Aus dieser Gruppe schlussendlich ein breit gestreutes Portfolio aus 40 bis 60 Aktien zu formen, ist meine Aufgabe als Fondsmanager. Da geht es dann um die klassischen Kennzahlen wie Gewinnmarge oder Wachstum.
Wie stellen Sie fest, ob ein Unternehmen ein Nachhaltigkeits-Champion ist?
Wir messen das ganz nüchtern anhand des Umsatzes. Genauer: Wir fragen, welchen Anteil des Umsatzes ein Unternehmen mit der Verfolgung der Nachhaltigkeitsziele erwirtschaftet. Sicherlich sind auch andere Ansätze denkbar, doch die Umsatzzahl ist einfach, transparent und belegbar – wir wollen damit unangreifbar sein. Im Schnitt sollen mindestens 50 Prozent der Umsätze, die von den Unternehmen im Portfolio generiert werden, potenziell aus Quellen mit SDG-Bezug stammen. Einige Unternehmen im Fonds schaffen sogar 75 Prozent. Jedes einzelne Unternehmen sorgt also für eine nachhaltige Ausrichtung des Fonds.
Wie groß ist Ihr Einfluss auf die Unternehmen, in die Sie investieren?
Wir setzen vor allem auf Gespräche hinter verschlossenen Türen. Wenn ich investiere, sage ich den Verantwortlichen in den Unternehmen ganz deutlich, was ich erwarte. Zum Beispiel, dass die Firma ihr Verhalten mit Blick auf die Umwelt weiter optimiert. Und ich frage gegebenenfalls nach, warum bestimmte Schritte unterblieben sind.
Wie sieht die Zukunft aus: Wird Geld irgendwann einmal nur noch nachhaltig verwaltet werden? Bereits jetzt investiert laut einer DWS-Umfrage immerhin ein Drittel der Befragten so.
Das ist noch ein langer Weg. Aber ich glaube, eines Tages wird genau das der Standard sein.
Was reizt Sie besonders an Ihrem Job?
Für mich ist es immer wieder spannend, neue Trends in meinem Portfolio umsetzen zu können – zum Beispiel die Vermeidung von Plastik. Und: Wenn ich einen guten Job mache und die Performance stimmt, kann ich viel Geld für den Fonds einsammeln und das Geld dann in Richtung nachhaltige Investments lenken. So leiste ich einen positiven Beitrag. Ich will mich nicht eines Tages bei meinen Kindern dafür entschuldigen müssen, nichts für eine bessere Zukunft getan zu haben.
Nachhaltigkeit ist also nicht bloß Verzicht?
Nein, weder bei der Geldanlage noch privat. Ich bin kein Freund von Verboten. Jeder kann einen positiven Beitrag leisten, ohne gleich auf alles verzichten zu müssen. Man muss das Fliegen nicht komplett einstellen. Aber muss ein Flug von Frankfurt nach Düsseldorf sein? Vermutlich nicht, zumal inzwischen Technologien wie Videokonferenzen helfen, unnötige Reisen zu vermeiden.
Sie investieren ja seit mehr als zehn Jahren nachhaltig. Hat sich Ihre eigene Haltung dadurch verändert?
Ich bin inzwischen tatsächlich viel sensibilisierter. Wenn Sie so wollen, bin ich nachhaltig nachhaltiger geworden.