31. Aug 2020 Aktien

Wie nachhaltig ist die Dominanz der Technologieaktien, Herr Köttner?

Den großen Technologieunternehmen scheint die Corona-Krise bislang wenig anhaben zu können. DWS-Fondsmanager Andre Köttner warnt dennoch vor zu viel Euphorie und erklärt, warum eine gute Risikostreuung seiner Meinung nach langfristig die bessere Wahl ist.

  • Fünf IT-Konzerne dominieren derzeit den Nasdaq 100. Ihr Börsenwert ist mittlerweile größer als der, der 95 übrigen Wettbewerber im Index.
  • Während andere Unternehmen aufgrund der Pandemie zum Teil herbe Umsatzeinbußen hinnehmen mussten, meldeten Apple, Microsoft und Amazon neue Rekorde.
  • Doch die Verlierer von heute könnten die Gewinner von morgen sein. Konkurrenz droht den Big Five vor allem aus Fernost.
6 Minuten Lesezeit

"Die Verlierer aus diesem Jahr könnten die Gewinner des nächsten Jahres sein."

Andre Köttner, Global Co-Head of Equities

Herr Köttner, die Coronakrise hat die Börsen gehörig durcheinandergewirbelt. Eine Branche aber gibt es, die den Trubel völlig unbeschadet überstanden zu haben scheint: die Technologiekonzerne aus den USA. Woran liegt das?

Das stimmt, kein Sektor ist bislang so gut durch die Krise gekommen wie die großen IT-Konzerne. Sehen Sie sich nur mal die Quartalsumsätze der Big Five aus den USA an: Apple, Amazon, Microsoft und Facebook haben zweistellige Zuwachsraten gemeldet. Einzige Ausnahme ist Alphabet, die „nur“ stabil geblieben sind. Das liegt einfach an deren Geschäftsmodell, das stark von Werbeumsätzen abhängt. Bei den anderen Unternehmen ist das weniger der Fall. Sie konnten besser vom Trend zu Hause zu bleiben und verstärkter digitaler Kommunikation profitieren.

Die Frage ist natürlich, ob das so bleibt?

Richtig. Und das halte ich durchaus nicht für selbstverständlich. Nehmen Sie mal ein traditionell stabiles Unternehmen wie Coca-Cola. Selbst dort ist der Umsatz coronabedingt um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Und jetzt denken wir mal ein Jahr nach vorne und unterstellen, dass wir irgendwie wieder zurück zur Normalität kommen. Dann müsste sich das Unternehmen eigentlich genauso schnell erholen und wieder auf das alte Niveau zurückkehren. Das aber würde bedeuten, dass ausgerechnet die Verlierer aus diesem Jahr im nächsten Jahr diejenigen sein würden, die das größte Wachstum hinlegen. Das könnte also noch spannend werden.

Andre Köttner

Global Co-Head of Equities

Kann es nicht auch sein, dass das Wachstum der Technologiekonzerne durch die Coronakrise nochmal einen zusätzlichen Schub bekommen hat? Dass sie also ihren Vorsprung einfach weiter ausbauen?

Möglich wäre es. Aber ich warne vor zu viel Euphorie: Auch die besten Geschäftsmodelle stoßen irgendwann mal an Grenzen, an denen es nicht mehr oder zumindest nicht mehr so schnell weitergeht. Ganz abgesehen von den Unternehmen, deren Bewertung bis heute vor allem auf einem starken Umsatzwachstum beruht. Irgendwann werden diese Unternehmen nachweisen müssen, dass sie auch Gewinne erwirtschaften können. Dann wird sich zeigen, wie attraktiv sie wirklich sind.

Die großen Fünf, also Apple, Microsoft, Amazon, Facebook und Alphabet, vereinen mittlerweile mehr als die Hälfte der gesamten Marktkapitalisierung des Nasdaq 100 auf sich. Ist das noch eine gesunde Entwicklung?

Diese Unternehmen haben tatsächlich eine Sonderstellung. Das sieht man schon daran, dass sie sich in ihren jeweiligen Märkten fast schon ein Monopol erobert haben. Daraus ergeben sich wiederum viele Möglichkeiten, sich weiter zu entwickeln und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Man kann da schon viel Positives rein interpretieren. Ich glaube übrigens, dass selbst eine Zerschlagung daran wenig ändern würde. Also die sind schon sehr gut positioniert. Aber das hat auch jeder begriffen. Deshalb tue ich mich schwer mir vorzustellen, dass das immer so weitergeht.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Amerikaner ihre besten Unternehmen zerschlagen."

Andre Köttner, Global Co-Head of Equities

Droht denn auch von Seiten der Politik Gefahr? Die Chefs von vier der genannten fünf Großen mit Ausnahme von Microsoft mussten ja erst kürzlich vorm US-Kongress aussagen.

Ich persönlich glaube nicht, dass die Amerikaner ihre besten Unternehmen zerschlagen werden. Dafür sind diese für die wirtschaftliche Dominanz der USA viel zu wichtig. Und auf der anderen Seite macht die Trump-Administration ja gerade auch massiv Industriepolitik zu Gunsten der Unternehmen. Man denke nur an den Druck, den die Regierung derzeit gegen TikTok, WeChat oder Huawei aufbaut. Was das noch mit fairem Wettbewerb zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht. Wobei China natürlich keinen Deut besser ist, im Gegenteil. Aber es zeigt sich, dass die Amerikaner die Konkurrenz aus China spüren und ernst nehmen. Dass sie in dieser Situation die eigenen Unternehmen schwächen, kann ich mir nicht vorstellen.

Das klingt fast so, als hätten die Amerikaner Angst vor der Konkurrenz aus Fernost. Ist das wirklich so?

Ich war ja selbst zweieinhalb Monate im Silicon Valley. Da habe ich ganz viele Firmen besucht, vom kleinsten Start-up bis zu den größten Firmen der Welt. Und wenn ich jemanden gefragt habe, wen er als Wettbewerber ernst nehmen würde, dann sind keine europäischen Namen gefallen, aber sehr oft chinesische. Und das auch zu Recht: Was die Chinesen zum Beispiel mit Huawei in den letzten 30 Jahren geschafft haben, das steht in keiner Weise Apple oder Amazon nach. Huawei hat 188.000 Mitarbeiter, macht über 100 Milliarden Umsatz und ist in vielen seiner Märkte weltweit die Nummer eins. Apple selbst sagt: Wir hatten noch nie einen Wettbewerber wie Huawei. Der Zweikampf zwischen den USA und China hat gerade erst begonnen.

Was machen Sie denn als Fondsmanager mit einer solchen Erkenntnis? Schauen Sie jetzt eher nach China oder weiterhin ins Silicon Valley?

In den USA gibt es immer noch deutlich mehr Investitionsmöglichkeiten als in China. In China spielt der Kapitalmarkt nicht so eine große Rolle. Da gibt es ein paar wie Alibaba und Tencent, denen man erlaubt, Monopole aufzubauen. Aber wenn es um Software, um Algorithmen und so weiter geht, dann werden die interessantesten Dinge nicht unbedingt bei den Unternehmen gemacht, die an der Börse notiert sind. Das behalten die Chinesen lieber für sich. Aber ein paar Große sind in China gelistet, und da sind wir auch mit investiert. Dazu kommen erfolgreiche Unternehmen aus anderen asiatischen Ländern, die in der Lage sind, Halbleiter zu produzieren.  Das ist nach wie vor ein entscheidender Schlüssel für die technologische Weiterentwicklung.

Wir haben schon über die Größe einiger Unternehmen und über deren Dominanz im Nasdaq 100 und anderen Indizes gesprochen. Wie sorgen Sie als Fondsmanager dafür, dass diese Unternehmen nicht auch in Ihren Fonds eine dominante Rolle spielen?

Also ganz außen vorlassen kann ich diese Unternehmen nicht. Dafür sind sie zu wichtig. Wenn die Schwergewichte dann auch noch diejenigen sind, die sich am besten entwickeln, dann haben sie im Portfolio eben auch ein größeres Gewicht als andere Titel. Trotzdem achte ich natürlich darauf, dass ihr Anteil nicht überhand nimmt.

Gäbe es denn Alternativen? Wie sieht es in der zweiten Reihe der IT-Unternehmen aus?

Naja, die ist auch nicht viel attraktiver bewertet. Da schaue ich schon lieber auf die ganz andere Seite und suche nach Unternehmen, die wirklich günstig sind. Die gibt es nämlich auch.

Sie sind ja selbst im Silicon Valley gewesen und habe sich alles angeschaut. Was hat es Ihnen gebracht? Muss man, wenn man erfolgreich in Technologieaktien investieren will, auch mal mit eigenen Augen gesehen haben, wie die da drüben ticken?

Ja, das ist ganz wichtig. Und ich hatte eigentlich für diesen Sommer auch wieder einen längeren Aufenthalt im Silicon Valley geplant, aber es hat nicht geklappt. Es ändert sich auch viel, und die Entwicklung geht immer noch sehr, sehr schnell voran. Deshalb ist es wichtig, am Ball zu bleiben. Ich hätte zum Beispiel ursprünglich gedacht, dass aufgrund von Covid-19 das Risikokapital einfrieren würde – die Start-ups also schwerer an Investorengelder kommen. Das war aber nur ein paar Wochen lang der Fall. Danach kam das Kapital wieder zurück, es wurden neue Finanzierungsrunden gemacht. Und heute werden wieder Geschäftsmodelle finanziert, bei denen es absehbar ist, dass sie auf Jahre keinen Gewinn machen dürften. Also: Es tut sich immer noch viel im Silicon Valley und die Musik spielt dort immer noch am lautesten.

"Die interessantesten Dinge werden in China nicht unbedingt bei börsengelisteten Unternehmen gemacht."

Andre Köttner, Global Co-Head of Equities

Fondsdetails zum DWS Akkumula LC

  • ISIN | WKN: DE0008474024 | 847402
  • Währung: EUR
  • Ertragsverwendung: Thesaurierung
  • Ausgabeaufschlag: 5,00 %
  • Kostenpauschale: 1,496 % (Stand 31.12.2019)
  • Vergütung aus Wertpapierleihe: 0,008 %
  • Fondsvermögen: 5,17 Mrd. Euro (Stand: 10.08.2020)

Wertentwicklung des DWS Akkumula LC in den vergangenen 12-Monats-Perioden

 

 

10.08.2019 - 10.08.2020

10.08.2018 - 10.08.2019

10.08.2017 - 10.08.2018

10.08.2016 - 10.08.2017

10.08.2015 - 10.08.2016

Netto

9,24%

4,64%

11,93%

7,77%

-5,77%

Brutto

9,24%

4,64%

11,93%

7,77%

-1,06%

Risiken des DWS Akkumula LC

  • Markt-, branchen- und unternehmensbedingte Kursschwankungen
  • Gegebenenfalls Wechselkursrisiken
  • Das Sondervermögen weist aufgrund seiner Zusammensetzung /der von dem Fondsmanagement verwendeten Techniken eine erhöhte Volatilität auf, d.h., die Anteilspreise können auch innerhalb kurzer Zeiträume stärkeren Schwankungen nach unten oder nach oben unterworfen sein
  • Der Anteilswert kann unter den Kaufpreis fallen, zu dem der Kunde den Anteil erworben hat

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