11. Nov 2024

Marktausblick - November 2024

Vom Ausgang der US-Wahl könnten in den USA insbesondere Unternehmen aus dem Finanzsektor und Nebenwerte profitieren, erwartet Chefanlagestratege Björn Jesch.

Lesezeit

US-Wahl dürfte bei Aktien zu einem Favoritenwechsel führen

#1 Markt & Makro

  • Der Oktober war kein guter Anlagemonat, weder am Aktien- noch am Rentenmarkt. Für den rekordverwöhnten S&P 500 war es der erste negative Monat seit sechs Monaten und am Anleihemarkt verloren zehnjährige US Staatsanleihen vier Prozent. „Allmählich scheint das Thema Verschuldung bei den Börsianern anzukommen“, sagt Björn Jesch, globaler Chefanlagestratege.
  • Das zeige sich sowohl in den USA, wo die Sorge vor einer immer höheren Staatsverschuldung die Zinsen für langlaufende Anleihen deutlich stiegen ließ als auch in Großbritannien. Angesichts des zu erwartenden Zinssenkungspfades der Notenbanken bleibt Jesch strategisch positiv  für Unternehmensanleihen.
  • „Allerdings haben wir die von uns schon länger favorisierten europäischen Unternehmensanleihen guter Bonität taktisch, also kurzfristig, auf „Neutral“ heruntergestuft, da wir kaum noch Spielraum für eine Einengung der Zinsaufschläge gegenüber Staatsanleihen sehen“, so Jesch. Für die Aussichten von Aktien erwartet Jesch nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Wahl weniger große Veränderungen für den Gesamtmarkt denn auf Sektorebene. „Sollten sich allerdings die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen in Richtung Fünf-Prozent-Marke bewegen, könnte dies in einem deutlichen Gegenwind für Aktien münden“, so Jesch. 
  • Die Anleger müssten sich jetzt entscheiden, ob sie der Angst vor einer  höheren Inflation und damit weniger Zinssenkungen durch die Fed oder der erwarteten wirtschaftsfreundlicheren Politik von Donald Trump den Vorzug gäben. Eine weitere Senkung der Unternehmenssteuern könnte die Gewinne des S&P 500 um 3-4% steigern, allerdings nicht vor 2026, gibt Jesch zu bedenken. Unternehmen mit einem hohen Anteil inländischer, d.h. US-amerikanischer Gewinne, würden am meisten profitieren. Diese seien vor allem im Finanzsektor und im Marktsegment der Nebenwerte zu finden. Die Märkte außerhalb der USA dürften es dagegen angesichts der Unberechenbarkeit des neuen Präsidenten zunächst schwer haben, erwartet der Chefanlagestratege.

Themen, die die Kapitalmärkte bewegen

Konjunktur: Ordentliches Wachstum in den USA, Spanien in der Eurozone besonders stark

  • Der Konsum hält die US-Wirtschaft weiter am Laufen. Die annualisierte Wachstumsrate für das dritte Quartal liegt bei 2,8 Prozent nach 3,0 Prozent im zweiten Quartal.
  • Leicht positiv überraschten die Wachstumszahlen aus dem Euroraum. Für das dritte Quartal wurde ein Wachstum von 0,4 Prozent (2. Quartal: 0,2 Prozent) bekanntgegeben. Weiter sehr stark: die spanische Wirtschaft mit einem Wachstum von 0,8 Prozent, dank des anhaltenden Rückenwinds im Tourismussektor.

Inflation: Preise wieder leicht gestiegen

  • In der Eurozone ist die Inflationsrate im Oktober von 1,7 auf 2,0 Prozent gestiegen. Die Kernrate – ohne Nahrungsmittelpreise und Energie – verharrte bei 2,7 Prozent.
  • In Deutschland stieg die Inflationsrate im Oktober auf 2,0 Prozent (September: 1,6 Prozent). Ursächlich dafür: der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln und Energie.

Notenbanken: Weitere Zinssenkungsschritte erwartet

  • Die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen Mitte Oktober um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent gesenkt. Wir erwarten im Dezember einen weiteren Zinssenkungsschritt.
  • Das Thema Inflation dürfte für die US-Notenbank nicht endgültig abgehakt sein. Die Zentralbank wird ihre Entscheidungen zu Zinssenkungen datenabhängig gestalten.

Risiken: Hohe Bewertungen an Aktienmärkten und geopolitische Krisen

  • Für die Aktienmärkte könnte sich die hohe Bewertung als Faktor herausstellen, der das künftige Kurspotenzial deutlich begrenzt. Insbesondere, da sich abzeichnet, dass sich das Wachstum der Unternehmensgewinne in Richtung historischer Durchschnitt verlangsamt.
  • Geopolitisch gibt – neben dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine – die labile Situation im Nahen Osten Anlass zur Sorge, insbesondere der immer stärker eskalierende Konflikt zwischen dem Iran und Israel.

Dividenden könnten wieder wichtiger für die Wertentwicklung werden

#2 Aktien

  • Wachstumsaktien oder Substanzaktien – die Frage nach den Favoriten scheint eher rhetorischer Natur. „In den vergangenen zehn Jahren gab es nur zwei Jahre – 2016 und 2022 – in denen Substanztitel die Nase vorne hatten“, sagt Thomas Schüßler, Co-Head globale Aktien. Die momentan sehr hohen Bewertungen, insbesondere bei Technologietiteln, seien noch lange kein Grund, dass diese Titel nicht weiter stiegen. Trendfolge sei angesagt. Das heiße allerdings nicht, dass es nicht auch gute Gründe für die Anlage in Substanzwerte gebe, beispielsweise via einer Dividendenstrategie.
  • „Anleger schätzen auch ein gutes Risikomanagement, denn irgendwann kommt auch wieder ein Einbruch. Nicht jeder strebt eine maximale Rendite bei maximalem Risiko an“, so Schüßler. Aussichtsreich seien Dividendentitel aus dem Finanzsektor, Versorger oder auch Ölunternehmen, die tendenziell sehr hohe Ausschüttungsquoten hätten. Im US-Markt interessante Dividendentitel zu finden, sei derzeit schwierig. Die Dividendenrendite beim S&P 500 liege mit 1,2 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt von 2,0 Prozent der vergangenen 20 Jahre.
  • Auch wenn die hohen Bewertungen kein Indikator dafür seien, dass in Kürze ein Einbruch komme, lasse sich konstatieren, dass die zu erwartenden Aktienrenditen in den nächsten Jahren eher unter ihrem langfristigen Durchschnitt liegen dürften. „Beim Blick durch die Windschutzscheibe sehe ich eher Renditen von fünf Prozent und weniger die acht bis zehn Prozent, die in der Vergangenheit erzielt wurden“, sagt Schüßler. Die derzeitigen Bewertungen könnten als eine vorgezogene Rendite interpretiert werden.
  • Sie liefen der aktuellen Gewinnentwicklung der Unternehmen weit voraus. Auch das spreche eher für Dividendentitel, deren Wertentwicklung in der Regel zur Hälfte auf Dividenden und zur Hälfte auf die Kursentwicklung zurückgehe. Mit Blick auf den US-Markt, den wichtigsten Aktienmarkt der Welt, sieht Schüßler in der hohen Verschuldung ein Risiko. Die wirke sich momentan noch positiv auf  den Aktienmarkt aus. 
  • Doch das hohe Staatsdefizit in Kombination mit einer sinkenden Sparquote und einer steigenden Verschuldung der privaten Haushalte sei eine problematische Konstellation. „Momentan stützen die hohen privaten Schulden den Aktienmarkt. Die Leute gehen einkaufen, ohne dass die Unternehmen die Löhne deutlich erhöhen müssen“, so Schüßler.
  • Irgendwann aber werde eine Grenze überschritten. Dann drohten steigende Anleiherenditen, was den Aktienmarkt wahrscheinlich unter Druck setzen würde. Angesichts dieser doch recht risikobehafteten Situation an den Aktienmärkten und der erhöhten Gefahr von Rückschlägen kann Schüßler neben Dividendentiteln auch Goldwertpapieren und Goldminenaktien etwas abgewinnen. „Die sind gerade unter den Aspekten Diversifikation und Werterhalt interessant“, so Schüßler.

Thomas Schüßler

- Fondsmanager des "DWS Top Dividende"

Dividendenrenditen: Wichtiger Teil der Gesamtrendite

Erwartete Zusammensetzung von Aktienrenditen

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Quelle: DWS Investment GmbH, Stand: Ende Oktober 2024

Aktien USA

Stärkerer Fokus auf inlandsorientierte Unternehmen

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  • Technologiewerte, allen voran diejenigen, die mit Künstlicher Intelligenz zu tun haben, sorgen dafür, dass der US-Aktienmarkt nach wie vor der am höchsten bewertete Markt ist.
  • Von der zu erwartenden Fokussierung des designierten Präsidenten Donald Trump auf im Inland erzielte Gewinne und der Senkung der Unternehmenssteuern dürften die international aufgestellten Technologiewerte allerdings nur unterproportional profitieren, inlandsorientierte Unternehmen dafür umso mehr.

 

Aktien Deutschland

Kurse besser als die Fundamentaldaten es nahe legen

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  • Er läuft und läuft – so das Motto des deutschen Leitindex Dax. Und das, obwohl die Daten gar nicht so überzeugend sind. Die laufende Berichtssaison fiel recht gemischt aus. Die Gewinnerwartungen für 2025 wurden nach unten revidiert, anders als im Rest Europas.
  • Wir sind ob dieser guten Kursentwicklung angesichts der gemischten Unternehmensdaten etwas vorsichtig für deutsche Aktien.

 

Aktien Europa

Konsequenzen der US-Wahl dämpfen Aussichten etwas

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  • Dass außergewöhnlich niedrige Bewertungen nicht automatisch in eine Aufholjagd der Kurse münden, zeigt die Entwicklung europäischer Aktien, die nach wie vor mit einem Rekordabschlag zu US-Titeln gehandelt werden.
  • Vor Ausgang der US-Wahl war Europa unsere favorisierte Region. Mögliche Zölle in großem Stil könnten die Aussichten für europäische Unternehmen allerdings trüben.

 

Schwellenländer

Bislang keine Trendwende am chinesischen Aktienmarkt in Sicht

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  • Für die Aktienmärkte aus Schwellenländern sind wir insgesamt neutral gestimmt. Der Fokus richtet sich momentan weiterhin auf China und den möglichen positiven Folgen weiterer zu erwartender staatlicher Stimuli auf die Märkte.
  • Wir sind für die Entwicklung des chinesischen Aktienmarktes eher auf der vorsichtigen Seite und erwarten, dass der Markt um sein langfristiges durchschnittliches Bewertungsniveau schwanken wird.

Kurzfristige Marktrücksetzer als Chance zum Aufbau risikoreicher Anlagen

#3 Anleihen

  • Wie wirken sich die diversen wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten auf die Gewichtung unterschiedlicher Anlageklassen in einem Portfolio aus? „Wir bleiben in unseren Allokationsportfolios hinsichtlich der Risikopräferenz neutral positioniert“, sagt Henning Potstada, Global Head Multi-Asset. Für Anleihen geht Potstada von einer weiteren Versteilerung der Zinsstrukturkurve aus, also dass sich der Renditeabstand von langfristigen zu kurzfristen Anleihen ausweiten wird.
  • „In einem Marktumfeld, in dem Inflationssorgen durch Wachstumssorgen ersetzt wurden, sollte die Duration außerdem zur Stabilität des Portfolios beitragen können“, so Potstada. Insgesamt bleiben die Allokationsportfolios hinsichtlich der Zinsanlagen vorerst neutral positioniert, auch wenn die Zinsniveaus im Vergleich zu Aktien nicht unattraktiv aussähen.
  • Was die Aussichten von Aktien angeht, sieht Potstada zwei widerstreitende Entwicklungen. „Unser Basisszenario von Zinssenkungen in Kombination mit der Vermeidung einer Rezession würde eigentlich einen positiven Blick auf die Aktienmärkte rechtfertigen. Die anspruchsvollen Bewertungsniveaus – insbesondere in den USA – und ein anhaltend eher schwächeres makroökonomisches Bild könnten die weitere Rallye am Aktienmarkt aber begrenzen“, so Potstada. Generell böten kurzfristige Marktrücksetzer die Chance zum Aufbau von risikoreicheren Anlagen.

Henning Potstada

Fondsmanager

Anleihen bleiben wichtiger Renditebringer

Musterportfolio für einen angestrebten Ertrag von vier Prozent

November 2.png

Quelle: DWS Investment GmbH, Stand: Ende September 2024


Staatsanleihen USA (10 Jahre)

Renditen dürften weiter steigen

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  • Mit dem Wahlausgang ist das Risiko höherer Inflationsraten in den USA gestiegen.
  • Wir rechnen mit steigenden Renditen bei allen Laufzeiten.

 

Staatsanleihen Deutschland (10 Jahre)

Renditehoch dürfte hinter uns liegen

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  • Die Renditen von langlaufenden Bundesanleihen haben zuletzt deutlich zugelegt.

  • Wir erwarten auf Sicht von zwölf Monaten einen leichten Rückgang.

 

Staatsanleihen Schwellenländer

Renditeaufschläge geschrumpft – kurzfristig wenig attraktiv

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  • Die Risikoprämien von Staatsanleihen aus Schwellenländern haben sich stark eingeengt.

  • Wir haben deshalb auf kurze Sicht die Anleihen heruntergestuft.

 

Unternehmensanleihen

Investment Grade

USA
Eurozone
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High Yield

USA
Eurozone
Rot_Positiv.png Rot_Mittel.png



Viel Unsicherheit rund um den Dollar, kurzfristig aber eher etwas stärker

#4 Währungen

Euro/Dollar

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  • Die Wechselkursentwicklung des Dollar könnte in den nächsten Monaten stark von möglichen Strafzöllen, weiteren Handelssanktionen sowie durch die Höhe der künftigen US-Staatsverschuldung beeinflusst werden.
  • Wegen der besser als erwartet laufenden US-Wirtschaft rechnen wir kurzfristig eher mit einem stärkeren Dollar.

Sattes Plus im laufenden Jahr – Aussichten dürften angesichts diverser Unsicherheiten gut bleiben

#5 Alternative Anlagen

Gold

Gruen_Negativ.png
  • Im Oktober ist der Goldpreis den vierten Monat in Folge gestiegen und hat zwischenzeitlich mit 2.790 Dollar einen neuen Höchststand erreicht. Auf Jahressicht liegt das Edelmetall mit 27 Prozent im Plus.
  • Die Nachfrage nach Gold dürfte hoch bleiben und die Preisentwicklung stützen, auch wenn die wahlbedingte Risikoprämie etwas schrumpfen könnte.

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