Uneinheitliches Bild an den Aktienmärkten – Rentenmärkte mit einigen Fragezeichen
#1 Markt & Makro
- „Es gab schon Zeiten, in denen es einfacher war, die Aussichten für die Aktienmärkte einzuschätzen. Wir haben derzeit eine ganze Reihe von positiven und negativen Aspekten, von denen nicht klar ist, welche die Oberhand gewinnen werden“, sagt Björn Jesch, Global CIO. Auf der Habenseite verbucht er ein sich beruhigendes Inflationsbild, überwiegend solide Unternehmensbilanzen und eine wachsende reale Kaufkraft, zumindest in Teilen der Industrienationen. Zudem sehe es so aus, dass die Wirtschaft sowohl in Europa als auch in den USA um eine Rezession herumkomme.
- Die Sollseite weise aber ebenfalls einige nicht zu unterschätzende Positionen auf. Erstens, die divergierenden Wachstumsaussichten: Europa erhole sich von einem niedrigen Niveau kommend langsam, wohingegen den USA womöglich die schwächsten Monate noch bevorstünden. China wiederum scheine nach wie vor von staatlichen Stützungsmaßnahmen abhängig zu sein, um sein Wachstumsziel von fünf Prozent zu erreichen.
- Der zweite neuralgische Punkt: Die Bewertungen der Aktienmärkte, die sowohl in Relation zur eigenen Historie als auch im Vergleich mit der Bewertung von Anleihen nicht mehr günstig seien. „Dazu kommt als dritter Punkt, dass sich die Gewinnmargen der Unternehmen nahe an den Rekordhöhen bewegen und momentan wenig dafür spricht, dass es mit ihnen noch weiter nach oben geht“, so Jesch. Der vierte und letzte Punkt auf der Sollseite seien die unvermindert hohen geopolitischen Risiken – der Angriffs-krieg Russlands auf die Ukraine, der schwelende Handels-(Konflikt) zwischen den USA und China sowie – wenn auch mit der Dimension der ersten beiden Risiken nicht direkt vergleichbar – die Unsicherheit, die von der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahl ausgehe.
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Überraschungen könne es auch am Anleihemarkt geben. „Ich erwarte, dass der Disinflationspfad noch einige Windungen und Wendungen nehmen wird und wir in den nächsten Monaten immer wieder nervöse Marktreaktionen sehen könnten“, so Jesch.
Themen, die die Kapitalmärkte bewegen
Konjunktur: Moderates Wachstum in Industrieländern erwartet – Indien dynamischer als China
- In den USA geht das Wachstum leicht zurück, die Beschäftigung nimmt weiter zu und die Verbraucher konsumieren weiter, aber in langsamerem Tempo. Alles in allem gehen wir von einer sanften Landung der US-Wirtschaft aus, die die Eurozone schon hinter sich hat.
- Die Wachstumstreiber für die chinesische Wirtschaft dürften in diesem Jahr der Konsum und die Investitionen sein. Allerdings erwarten wir, dass das Wirtschaftswachstum sich jedes Jahr ein wenig abschwächen wird.
- Indien dürfte der Wachstumschampion bleiben, insbesondere dank der stark steigenden Dienstleistungsexporte.
Inflation: Weiterer Rückgang erwartet
- Der Trend bei den Inflationsraten dürfte in den USA und in Europa weiter nach unten zeigen, dafür sollte die nach wie vor restriktive Geldpolitik der Notenbanken sorgen. In der Eurozone gingen die Inflationsraten hauptsächlich wegen gefallener Energiepreise zurück.
- In Japan dürfte sich die Inflationsrate ebenfalls abschwächen, aber auch im kommenden Jahr deutlich über der Ein-Prozent-Marke bleiben.
Notenbanken: Europäische Zentralbank hat Zinssenkungsrunde eingeläutet
- Die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen – wie erwartet – auf ihrer Sitzung im Juni um 0,25 Prozentpunkte gesenkt und damit vor der US-Notenbank Fed die Zinssenkungsrunde eingeläutet.
- In den USA könnte die Fed im September 2024 mit der ersten Zinssenkung beginnen, sofern die Daten zu Inflation, Arbeitsmarkt und Wirtschaftswachstum das hergeben.
Risiken: Inflationsentwicklung und geopolitische Krisenherde
- Sollte die Inflation in den USA aufgrund der Wirtschaftsdynamik höher bleiben als derzeit erwartet, könnten Zinssenkungen verschoben oder die Zinsen sogar erhöht werden.
- In Europa liegen die Hauptrisiken derzeit in einem verzögerten Aufschwung des privaten Konsums, einer schwächeren globale Nachfrage und der weiteren Entwicklung der geopolitischen Krisenherde.
Wir stehen am Anfang eines mehrjährigen Investitionszyklus in KI-Infrastruktur
#2 Aktien
- Die Berichtssaison in den USA war insgesamt positiv, doch bleibt es ein Markt der zwei Geschwindigkeiten, da wieder einmal die großen technologienahen Unternehmen die größten Gewinnsprünge zeigten. Geht das so weiter oder haben Technologieaktien, speziell die, die vom Thema Künstliche Intelligenz (KI) profitieren, ihren Höhepunkt schon überschritten? „Momentan deutet wenig darauf hin. Technologieaktien waren der Performancetreiber am Aktienmarkt und es gibt gute Gründe, warum das auch in Zukunft so bleiben könnte“, sagt der auf den Technologiesektor spezialisierte Fondsmanager Tobias Rommel.
- Das Gewinnwachstum bei Technologieaktien, gemessen am MSCI World Information Technology Index, werde 2025 bei mehr als 20 Prozent liegen und damit voraussichtlich deutlich höher ausfallen als am Gesamtmarkt, erwartet Rommel. Zudem zeichne sich ab, dass das Thema Künstliche Intelligenz in Zukunft deutlich mehr Unternehmen Schubkraft verleihen werde. „Bisher wurde die Wertentwicklung und das Gewinnwachstum von einigen wenigen Unternehmen getrieben. Ab der zweiten Jahreshälfte erwarten wir positive Gewinnrevisionen in der Breite“, sagt Rommel. „Wir sehen, dass immer mehr Technologieunternehmen von steigenden Investitionen in Künstliche Intelligenz profitieren.“ Dazu komme eine Erholung in den zyklischen Bereichen des Technologiesektors, beispielsweise bei Personal Computern, Speicherchips oder analogen Halbleitern.
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„KI bleibt das dominierende Thema, daran wird sich so schnell nichts ändern. Sie ist eine Querschnittstechnologie, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten nachhaltig verändern wird, ähnlich wie es die Druckerpresse oder die Dampfmaschine getan haben“, ist Rommel überzeugt. Unternehmen stießen derzeit zahlreiche Projekte an, um durch KI ihre Produkte zu verbessern oder Prozesse effizienter zu gestalten.
- Momentan befänden sich viele dieser Anwendungen noch in einer Pilotphase. „In den kommenden Quartalen werden wir aber voraussichtlich immer mehr Umsetzungen in die Praxis sehen. Wir stehen erst am Anfang eines mehrjährigen Investitionszyklus in KI-Infrastruktur“, so Rommel. Die Investitionen der großen Tech-Konzerne in KI-Infrastruktur seien ein positiver Treiber für eine ganze Reihe von Unternehmen.
- Die wichtigsten Komponenten für derartige „KI-Fabriken“ sind Halbleiter und Netzwerktechnologie, die es ermöglichen, KI-Modelle mit immer mehr Daten in immer kürzerer Zeit zu trainieren. Da angesichts der starken Nachfrage nach solchen Chips die Fertigungskapazitäten zu knapp seien, profitiere die komplette Wertschöpfungskette – bis hin zu den Produzenten von Maschinen, die für die Halbleiterfertigung benötigt werden. All diese Punkte führten dazu, dass das Chance-Risiko-Verhältnis von Technologieaktien nach wie vor attraktiv sei.
S&P 500: Gewinnmaschine Great Eight*
Konsensus-Gewinnerwartungen für die nächsten zwölf Monate, indexiert
*Great Eight: Apple, Meta, Microsoft, Nvidia, Amazon, Eli Lily, Alphabet, Tesla; DWS-Prognosen; Wertentwicklungen der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen. Quellen: FactSet, Bloomberg, DWS Investment GmbH, Stand: 3. Juni 2024
Aktien USA
Hohe Bewertungen und kurzfristig wohl wenig Aufwärtspotenzial
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Aktien Deutschland
Nach wie vor überdurchschnittlich hoher Bewertungsabschlag gegenüber US-Aktien
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Aktien Europa
Weiterhin leicht positiv gestimmt
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Aktien Schwellenländer:
Warten auf nachhaltig positive Impulse
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Qualitätsaktien und kurzlaufende Anleihen die Favoriten
#3 Anleihen
- Die Zinsmärkte haben es Multi-Asset-Experten in diesem Jahr bislang nicht leicht gemacht. „Anders als von den meisten Marktteilnehmern erwartet, sind die Renditen nicht gefallen, sondern gestiegen. Wir konnten mit dieser Situation aber sehr gut umgehen. Die durchschnittliche Zinsbindungsdauer, die Duration, ist bei uns bei Anleihen inklusive Kasse mit 1,5 Jahren sehr kurz“, sagt Christoph Schmidt, Leiter Investment Strategie Multi-Asset. Schmidt favorisiert kurzlaufende Anleihen, deren Renditen aufgrund der nach wie vor inversen Zinsstrukturkurve höher sind als die von Langläufern.
- So könne die erhöhte Volatilität bei langlaufenden Anleihen vermieden werden. Den höchsten Beitrag zur Wertent-wicklung hätten im laufenden Jahr Aktien geliefert. Momentan liegt der Fokus von Schmidt auf Qualitätsaktien, die mit einem robusten Ertragsprofil und starken Bilanzen punkten können. Das sind zum Beispiel Unternehmen aus dem Gesundheitssektor. Schmidt blickt optimistisch auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die im laufenden Jahr erneut positiv überrascht habe. Auch wenn sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr verlangsamt habe, erwiesen sich die Unternehmensgewinne weiterhin als robust. Schmidt ist zuversichtlich, dass sich dieser Trend fortsetzen kann. Dennoch gebe es einige Risiken, beispielsweise eine wieder anziehende Inflationsrate.
- „Das könnte die Aktien- und Anleihemärkte unter Druck setzen und würde die Diversifikation innerhalb von Portfolios deutlich erschweren. Unser Basisszenario ist das allerdings nicht“, so Schmidt. Eine breite Streuung der Anlagen über alle Anlageklassen sei aber nach wie vor äußerst wichtig. Dazu gehöre auch eine Position in der Krisenwährung Gold.
Inflationsraten deutlich rückläufig
Entwicklung der Inflationsraten gegenüber dem Vorjahr (Angaben in Prozent)
Quelle: DWS Investment GmbH, Stand: Anfang Juni 2024
Staatsanleihen USA (10 Jahre)
Renditen dürften noch etwas zurückgehen
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Staatsanleihen Deutschland (10 Jahre)
Wenig Bewegung bei den Renditen erwartet
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Staatsanleihen Schwellenländer
Attraktive Renditechancen
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Unternehmensanleihen
Investment Grade
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High Yield
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Leichter Rückenwind für den Euro
#4 Währungen
Euro/Dollar
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Preise dürften hoch bleiben
#5 Alternative Anlagen
Gold
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LegendeDie strategische Sicht bis März 2025 Die Anzeigen signalisieren, ob wir eine Aufwärtsentwicklung, eine Seitwärtsentwicklung oder eine Abwärtsentwicklung der betreffenden Anlageklassen erwarten. Sie geben das kurzfristige und langfristige Ertragspotenzial für Investoren an. |
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Prognosen basieren auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten und hypothetischen Modellen oder Analysen, welche sich als falsch herausstellen können. Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung.
Quelle: DWS Investment GmbH; CIO Office, Stand: 07.06.2024
DWS-Marktausblick: Das gesamte Dokument finden Sie hier.